Szene Palast Axayacatl, Spanisches Hauptquartier

  Cortés, gefangener Moctezuma, 2 Soldaten
Moctezuma: Warum habt ihr mich gefangengenommen? Hab ich dir nicht unsere Unterwerfung bekundet und unsere Bereitschaft, deinem Herrn, vom dem du mir erzähltest und dem du dienst, ebenso Untertanen zu sein?
Es war ein königliches Versprechen.
Siehe, wir alle glauben, daß dein Herr, der dich geschickt hat, von unserem Urvater abstammt, der einst das Land verließ. Es war Quetzalcoatl, der Gott Gefiederte Schlange. Wir würden es niemals wagen, einen Abgesandten dieses Nachfahrens Quetzalcoatls zu überfallen. Wir fürchten uns vor dem göttlichen Strafgericht.
Cortés: Deine Worte in Ehren, Moctezuma, mögen sie ehrlich sein. Was nützen sie?
Worte – was für eine Bedeutung haben sie? Taten zählen; und Taten können Gegner sein von schönen Worten.
Hier (er schiebt einen Soldaten vorwärts), laß dir von Pedro de Alvarado erzählen wie's in der Stadt aussieht.
1. Soldat: Wenn unsere Soldaten in die Stadt marschieren, dann ziehen sich alle Leute in die Häuser zurück. Sie haben kein Vertrauen. Aus ihren Häusern beobachten sie uns. Jede Bewegung prägen sie sich ein. Ihre Blicke sind voller Haß. Ja, Haß.
Die Stadt ist voll von deinen Kriegern und von Spähern. Das paßt uns nicht.
Zwar fürchten sie uns, nicht als Götter, sondern weil unsere Waffen grausam sind; ja, grausam, schreckengebietend, alles vernichtend.
Manchmal aber ist Haß stärker als Furcht, und dein Volk haßt uns.
Cortés: Darum, Moctezuma, bleibst du gefangen. Als Geisel kannst du den Kampf verhindern.
Moctezuma: Ich bitte euch, gebt mir die Freiheit. Ich werde schon dafür sorgen, daß man euch wie Gäste behandelt. Glaubt mir, so glaubt mir doch! Mein Wort darauf. Ich gebe euch Verwandte, die mir doch ans Herz gewachsen sind, diese Verwandten gebe ich euch als Bürgen. Nur laßt mich frei.
Cortés: (mit Zynismus)
Freilassen? Du bist nicht unser Gefangener, du bist mein Gast. Je willfähriger du dich zeigst, um so besser wird die Behandlung sein. Greift dein Volk uns an, weiht es sich dem Untergang. Es ist schon vernünftiger, sich mit uns zu verbünden.
Du selbst hast deine Dienerschaft angeboten, und unserem Herrn Kaiser Karl V., wolltest du ein gehorsamer Diener sein.
2. Soldat: Unsere Schwerter töten jeden Feind.
Sind Gäste im Haus, ruhen die Waffen.
Moctezuma: (geschlagen)
Gut, ich beuge mich dem Schicksal. Bleibe ich euer Gast und tu, was ihr wollt.
  Ein Bote auf.
Bote: Generalkapitän!
Cortés wendet sich um.
Cortés: Ja? Bringst du Neuigkeiten?
Bote: Beunruhigende Neuigkeiten, Generalkapitän. Der Statthalter von Kuba, Don Diego Verlasques, hat uns eine Strafexpedition nachgesandt. Weil Ihr gegen seinen Willen auslieft. Weil er Euch den Erfolg in diesem Lande neidet, sollt ihr gefangen werden.
Die Armee steht unter dem Kommando des Panfilo de Narvaez. Zwischen ihm und den in Vera Cruz Zurückgebliebenen gab es bereits schwere Kämpfe.
Cortés: Schwere Kämpfe? Wie groß ist Narvaez‘ Streitmacht?
Bote: Ich weiß nicht.
Cortés. Du weißt nicht?! Wozu bist du dann Bote?
Bote: Narvaez‘ Truppe ist stärker als unsere.
Cortés: Von der Zahl, von der Zahl stärker. Das will nichts heißen. Klugheit und Besonnenheit entscheiden Schlachten oft.

Er wendet sich zum Gehen. Sagt dabei zu Moctezuma:

Ich hab Häuptlinge zu dir bestellt. Sie dürfen dich sprechen. Denk dabei immer an dein Wort.

Cortés, Bote, Soldaten ab.

 

4 Häuptlinge auf. Knien vor dem König nieder zur Begrüßung.

Moctezuma: Es ist gut, daß ihr mich in dieser schweren Stunde besucht. Ich habe euch lange vermißt. Gerade jetzt muß ich Entscheidungen treffen über das Schicksal der Heimat. Helft mir dabei! Ich höre eure Ratschläge.
1. Häuptling: Der Kampf bei Tecoac hat bewiesen: Die Fremden sind sterblich.
Wozu, weiser König, zögern? Gib uns Befehl, und wir greifen an. Dein Volk, sonnengleicher Herrscher, ist bereit.
Moctezuma: Davor hütet euch. Die Fremden würden euch vernichten. Sie können unser geliebtes Tenochtitlan zerstören.
2. Häuptling: Bleiben die Fremdlinge, so bedeutet das immerwährende Knechtschaft.
Wir sind stärker als sie. Diese feigen Mörder! Auch wenn sie sich mit den Tlazcalteken verbündet haben; wir haben viel mehr Krieger. Wir umstellen Axayacatl und lassen sie verhungern. Dich König Moctezuma, werden ja die Götter schützen.
1. Häuptling: Mit einem Handstreich könnten wir unseren weisen Herrscher befreien.
Moctezuma: Vergeßt nicht, meine mutigen Häuptlinge, daß die Weißen Feuerrohre haben. Sie sind ganz in Eisen gekleidet, was sie vor euren Waffen schützen mag.
Ihr Führer ist klug. Er versteht die Kriegskunst.
3. Häuptling: Die weißhäutigen Eindringlinge sind grausam, furchtbar ist ihre Macht. Doch auch wir verstehen zu kämpfen.
Laß uns freien Lauf. Wir schlagen sie. Zurück über das Meer sollen sie mit ihren schwimmenden Häusern. Zurück, woher sie kamen. Wir treiben sie zurück.
4. Häuptling: Selbst dich, unseren vielgeliebten König, haben sie brutal in ihre Gewalt gebracht. Muß diese Beleidigung nicht Rache zeugen? Es ist eine Beleidigung der Götter.
Moctezuma: Nein, Ich bin ihr Gast. Es geschah alles nach dem Willen Huitzilopochtlis. Diesem Willen müssen wir uns beugen. Nur keinen Kampf!
Ich bewundere euren Mut. Jedoch der Augenblick gebietet, zurückzuhalten Haß und Angriffslust. Haltet die Krieger zurück. Es darf zu keinem Kampf kommen. Beruhigt das Volk!
Glaubt mir, ein furchtbares Strafgericht schwört ihr mit einem Angriff herauf. Die Götter dulden keine Eigenmächtigkeiten.
1. Häuptling: Wir werden deine Worte achten. Alles soll sein, wie du es wünscht.
  Häuptlinge essen Staub vor Moctezumas Füßen, gehen dann ab.