Szene Königspalast in Tenochtitlan

  Moctezuma, 2 Priester, 1 Heerführer
Moctezuma: Die weißen Fremden kommen immer näher. Weder die Verwünschungen der Priester noch der Kampf von Tecoac konnte sie aufhalten.
Keine Nacht schlafe ich. Die Sorgen verdunkeln mein Leben. Ist es Quetzalcoatl, der kommt, um mich zu vernichten? Will er Tenochtitlan zerstören?
Priester 1: Unsere Geschenke hatte der Weiße Gott, auf dessen Wort die anderen Männer hören, freundlich angenommen
Heerführer: Aber er verbündet sich mit unseren Feinden. Das Volk von Tlaxcala steht auf seiner Seite.
Priester 2: Er ist wie der Adler, der sich auf sein Opfer stürzt, ohne sich aufhalten zu lassen. Er errät alles, er weiß alles.
Moctezuma: Dann muß ich ihn empfangen.
Heerführer: Nein, o Herrscher von Anahuac, schick sie weg. Biete ein Heer auf, das die Fremden verschlingt.
Moctezuma: Ja, ich werde ein Heer aussenden.
Priester 1: Und wenn es doch Götter sind? Dann werden sie uns mit einem Schlag vernichten. Du göttlicher König, denk an ihre feuerspeienden Zauberrohre.
Moctezuma: Ich werde kein Heer aussenden. Ich werde ihnen Geschenke schicken.

Moctezuma erhebt sich zum Gebet.

Niemand kann mir geben einen Rat
Keiner weiß, was zu tun
Zu lassen sei –
Weiße Fremde drangen
In unser Land.

Sie sind wie Schlangen;
Überall schlängeln sie hindurch.
Sie sind Adler
Deren Sturz
Von der Sonne herab
Auf das schwache Lamm
Niemand unterbrechen kann.
Sie sind wie Jaguare
Im Blutrausch,
Grenzenlose Macht treibt sie
Zu unserer Stadt.
Die Sonne taucht ihre
Metallenen Körper in
Strahlenden Glanz.
Die Sonne ist mit ihnen.
Sagt mir, Götter,
Sind es euresgleichen?
Sind sie besiegbar?
Was soll ich tun?
Priester 1: (leise)
Keine Antwort.
Priester 2: (leise)
Die Götter schweigen.
  Moctezuma sinkt erschöpft zu Boden.
Dabei hat er folgende Vision: Ein Junge zerlumpt, barfüßig, schmutzig. Zeigt auf den König.
Junge: Du hast meine Eltern töten lassen.
Mich stürztest du ins Unglück.
Ohne Mutter, ohne Vater lebe ich im Elend.
Hier stehe ich, in zerissene Kleider gehüllt,
und Klage bringe ich vor.
Das Volk, das du beherrscht,
Ist dein Volk nicht.
  Eine Frau auf. Zeigt auf König.
Frau: Meinem Mann hast du das Bein abtrennen lassen.
Ein einbeiniger Krüppel, hüpft er durch die Straßen.
Die Leute zeigen mit dem Finger auf ihn.
Unseren Besitz nahmst du dir.
Du Reichster der Reichen.
Bist ein Topf ohne Boden,
Verschlingst alles.
Hier stehe ich, in zerrissenen Kleidern,
Und Klage bringe ich vor.
Das Volk, das du beherrscht,
Ist dein Volk nicht.
  Fast unbekleideter Mann auf mit blutiger Brust. Zeigt auf König.
Mann: Auf dem Altar ließest du mich hinschlachten.
Mein warmes zitterndes Herz
Füllte die Opferschale.
Vorher hatte ich Frau und Kinder
Und machte Töpfe und lebte gut.
Deine Krieger nahmen mich gefangen
Und führten mich zum Opferaltar.
Deine Priester schnitten mir mit scharfen Messern
Die Brust auf und raubten mein Herz.
Hier stehe ich, ein verfaulender Leichnam,
Und Klage bringe ich vor.
Das Volk, das du beherrscht,
Ist dein Volk nicht.
Junge, Frau, Opfer: Du hast dich von unserem Blute genährt.
Blutsaugerl
Blutsauger!
Blut … !
  Moctezuma erhebt sich stöhnend. Mit einer Handbewegung wischt er die Vision fort.
Moctezuma: Warten wir!