VHS endgültig rendern

Wenn Bild und Ton zufriedenstellend nachbearbeitet sind,
wird das Video endgültig gerendert.
Einstellungen in Virtualdub

Vorbetrachtung
Endgültig codieren in H.264
Endgültig codieren in XVID

Vorbetrachtung

Die Wahl des Containers und der Codecs für Bild und Ton hängen davon ab, auf welchem Gerät die Videos wiedergegeben werden sollen.

Denkbar sind

  1. Standard Video-DVD (spezielle Software nötig)
  2. Videos für die Wiedergabe auf Computern (Keine Einschränkungen)
  3. Komprimierte Videos, die von modernen Divx/MP4 fähigen DVD-Playern abgespielt werden können
  4. Komprimierte Videos für spezielle Konsolen, Smartphones usw.

Variante a) ist in der Regel überholt und ineffizient.

Die Varianten c) und d) erfordern eine genaue Anpassung die Vorgaben des Zielgerätes (Handbuch konsultieren!). Da hier oft nur spezielle Auflösungen und Codecs zugelassen sind, würde dies möglicherweise die Qualität des fertigen Videos beeinträchtigen (niedrige Bitrate, geringe Auflösung). Für diese Fälle ist Avidemux geeignet, das für einige weit verbreitete Konsolen bereits fertige Profile mitbringt.

Wir wollen hingegen die Videos möglichst effizient verkleinern, aber dabei keine weiteren Qualitätseinbußen erleiden. Dafür bietet sich eher Virtualdub an.

Endgültig codieren in H.264

Die Dateien werden am kleinsten beim Verwenden des H264 Codecs. Über eine GUI bequem bedienen lassen sich hierfür die Programme Virtualdub und Avidemux.

Update 2011: Ich habe von Avidemux zurück auf Virtualdub gewechselt.
Avidemux dekodiert die Helligkeitswerte von MJPEG kodierten Filmen falsch, wenn diese im Bereich 0 … 255 vorliegen (PC levels). Es nimmt an, die Grauwerte lägen im Bereich 16 … 235 (TV levels) und es wirft dann die Werte unterhalb von 16 und oberhalb von 235 weg.
Der X.264 Encoder in Avidemux ist umständlich zu konfigurieren, weil die standardisierten Profile nicht mitgeliefert werden, die einem die Einstellungsarbeit abnehmen.

Mit Virtualdub kann man bequem Videos in H.264 kodieren, wenn der freie Codec H264vfw installiert wurde. Dieser lässt sich dank vorbereiteter Profile sehr einfach bedienen.
Einziges Manko: Man ist bei Virtualdub an das Container-Format AVI gebunden, und als Audiocodec sind nur die unter AVI üblichen Codecs möglich (wir empfehlen MP3 mit konstanter Bitrate).
Wer aber sein Video beispielsweise in einen MKV-Container packen möchte, kann das auch im Nachhinein mit Avidemux machen.

Einstellungen von H264vfw für VHS-Material in Virtualdub
Einstellungen von H264vfw für VHS-Material in Virtualdub

Typische Einstellungen von H264vfw
Virtualdub > Video > Kompressionseinstellungen: h264vfw auswählen
Preset: medium
Tuning: grain
Profile: main
Q= 23 … 30 (für scharfe DVD Quellen: Q=20)
SAR (sample aspect ratio) = Pixelseitenverhältnis. Meist einer dieser Standardwerte (siehe Erklärung unten): 16:15 (PAL 4:3), 64:45 (PAL 16:9), 8:9 (NTSC 4:3), 32:27 (NTSC 16:9), 1:1

Audio-Kompression
Virtualdub > Audio > Kompressionseinstellungen: MPEG Layer-3 auswählen (MP3)
Auflösung: 192 kBit/s (oder weniger)

Erklärung der hier verwendeten Einstellungen (H264 Profile)

Eine genaue Beschreibung aller mitgelieferten Profil-Vorlagen steht in Brother Jons Encodingwissen.

Kompressionsvorlagen (--preset)
Kompressionsvorlagen treffen eine Abwägung zwischen Encoding-Geschwindigkeit und Größe/Qualität des Zielvideos.

medium - für ein Encoding mit einem durchschnittlich schnellen Computer
slow   - braucht 40% mehr Rechenzeit und verkleinert die Datei um ca. 8% mehr

Tuningvorlagen (--tune)
Tuningvorlagen passen die Parameter an die Art des Videomaterials an.

grain - Psy-Optimierung für körniges/verrauschtes Material,
        falls das Korn/Rauschen beibehalten werden soll. 
        Führt zu vergleichsweise hohen Bitraten (größere Dateien),
        aber das Bild wird weniger verwaschen.
        Für VHS wähle diese Einstellung.
film  - Allgemeine Psy-Optimierung für Kinofilme.
        Wenn das Eingangsvideo rauscht, wird es hier sichtbar weichgezeichnet.
animation  - Psy-Optimierung für klassischen Zeichentrick.
fastdecode - Deaktivierung der für die Wiedergabe CPU-intensivsten Optionen.

Die Tuningeinstellung grain entpricht sehr gut den Anforderungen für digitaliserte VHS-Aufnahmen, weil diese sehr viel stärker rauschen, als typisches Filmmaterial von DVD.
 

h.264-Profilvorlagen (--profile)
Profilvorlagen erzwingen die Kompatibilität mit bestimmten H.264-Profilen. Der H.264-Level, VBV-Einstellungen etc. sind davon nicht betroffen.

baseline - Deaktiviert B-Frames, CABAC und die 8×8-DCT.
           Auch Custom-Matrizen sind nicht möglich.
main     - Deaktiviert die 8×8-DCT und Custom-Matrizen.
high     - Keine Restriktionen.

Mit Profile--main codierte Filme werden von allen Softwareplayern und modernen Computern sicher dekodiert.

SAR (sample aspect ratio) bwz. PAR (pixel aspect ratio)
SAR (sample aspect ratio) = DAR * Höhe/Breite
z.B: 16:9 * 574/720 = 1,4172 = 64:45 (leider sehr umständlich auf diese Weise)
Hinweis: Verwirrenderweise wird die Abkürzung SAR auch für den Begriff "Storage Aspect ratio" verwendet, der das Bildpixelverhältnis bezeichnet (Anzahl der Pixel), und nicht das hier gemeinte Pixelseitenverhältnis (eines Pixels), welches richtiger als PAR (pixel aspect ratio) bezeichnet wird.
Das SAR (sample aspect ratio) = Pixelseitenverhältnis ändert sich nicht beim Beschneiden, weil die Verzerrung der Pixel die selbe bleibt.
Das SAR (storage aspect ratio) ändert sich durch Beschneiden.
Für das Pixelseitenverhältnis gelten meist diese Standardgrößen:
16:15 (PAL DVD 4:3)
64:45 (PAL DVD 16:9)
8:9 (NTSC DVD 4:3)
32:27 (NTSC DVD 16:9)
1:1 nach Resizen auf quatdratische Pixel
Das Pixelseitenverhältnis einer realen Quelle kannst du so feststellen:
GSpot: Das gesuchte Pixelseitenverhältnis steht gerundet bei PAR (pixel aspect ratio). (SAR ist hingegen hier das Bildpixelseitenverhältnis!)
Handbrake: Quelle laden, dann unter Bild: für anamorph "Custom" auswählen, dann wird das PAR angezeigt

Vergleich unterschiedlicher Einstellungen

Ich habe eine Testsequenz mit unterschiedlichen Einstellungen gerendert, und die entstehenden Dateigrößen, die Kodiergeschwindigkeit (Frames per second, fps) sowie die Bildqualität begutachtet.

Profil            Q      fps           Dateigröße für 1h bei 448×336 und MP3 196kBs 
medium grain main q23:   14 fps ---    420 MB -----------------
slow                     10 fps --     390 MB ---------------  -8% kleiner, aber 40% langsamer!
medium grain main q25:   16 fps ---    292 MB ------------
medium grain main q30:   25 fps -----  156 MB ------           Details ausgewaschen

medium film  main q23:   15 fps ---    280 MB ----------- Bild verwaschen
medium film  main q25:   19 fps ----   208 MB --------    Bild stark verwaschen
medium film  main q30:   28 fps ------ 124 MB -----

Kodiergeschwindigkeit und Dateigrößen auf einem Testsystem bei unterschiedlichen Einstellungen.

Als erstes sieht man, dass Kompression--slow nicht viel bringt. Man gewinnt kaum Dateigröße, braucht aber 1,5 Mal so lange zum rendern.
Mit der Einstellung film werden die Dateien bei gleich gewähltem Q Faktor bis zu 1/3 kleiner, aber dies geschieht auf Kosten der Qualität. Die Bilder wirken stärker weichgezeichnet.
Der Q-Faktor drückt aus, wie stark das Material zeitlich und örtlich komprimiert wird. Bei stark verrauschtem Material sollte Q=23 gewählt werden. Wenn vernünftig vorgefiltert wurde, reicht Q=25. Q=30 sollte nur genommen werden, wenn es im Wesenlichen auf den Ton und nicht aufs Bild ankommt (Vorträge). Je schlechter der Q-Faktor, desto schneller geht das Encodieren.

Bei gleicher Dateigröße gefiel mir die Bildqualität bei grain Q=25 besser als bei film Q=23.

Link: Beispiele – Screenshots und zeitliche Auflösung bei verschiedenen Q-Werten

Tipp: Vor dem endültigen Kodieren solltest du immer eine kurze Passage deines Videos auswählen und sie versuchsweise mit Q=23, Q=25 und Q=30 rendern. Bevor du das ganze Video renderst, probiere erst aus, welchen Faktor du ohne Qualitätseinbußen wählen kannst.

Falls du lieber Avidemux verwendest, findest du hier Einstellung des X.264 Encoders in Avidemux

Endgültig codieren in XVID

Wenn du die Videos für einen DivX-fähigen Video-Player encodieren willst, geht das so:
Du musst zunächst im Handbuch nachschauen, welchen Container und welche Codecs zugelassen sind.

Meist geht auf jeden Fall diese typische Variante:
Container: Avi (maximal 2 GB groß)
Video-Codec: Xvid mit Q=3
Audio-Codec: MP3 mit 196 kBs oder weniger (oder wma, Ac3)

Das Umwandeln geht bequem mit Virtualdub und dem Xvid-Codec. Gebrannt wird dann auf Daten-DVD (Iso Format). (Standard Video-DVDs werden hingegen im UDF-Format gebrannt.)

Meist akzeptieren die DVD-Spieler auch geringere Auflösungen, und skalieren diese auf volle Bildschirmgröße.

Einstellung des Q-Faktors für Xvid Videos:

Q=2 hochwertiges Bild, aber möglicherweise stottert der Player gelegentlich durch die höhere Datenrate
Q=3 kurzzeitig etwas unruhig nach Störungen, Klötzchen noch nicht erkennbar, akzeptabel
Q=4 kurze Klötzchenartefakte nach Störungen sichtbar (nicht verwenden)

Ein Q besser als 2 ist sinnlos. Wenn du DVD-Filme kodieren willst (also kein digitalisiertes VHS-Material), solltest du Q=2 wählen. Für VHS reicht Q=3. Einige ältere DVD Player haben allerdings mit zu hohen Bitraten (Q=2) Probleme, das Bild stopert dann (ausprobieren). In dem Fall bei Q=3 bleiben.